Demokratieministerium
In der siebten Wahlperiode des Landtags (2019–2024) wurde die Zuständigkeit des Justizministeriums um die Bereiche Demokratie, Europa und Gleichstellung erweitert. Damit wurde zum ersten Mal in Deutschland ein Ministerium für Demokratie geschaffen. Ein Zeichen für die besondere Aufmerksamkeit, die die Regierungskoalition dem Thema Demokratie zumisst. Es ist kein Zufall, dass Sachsen diesen Schritt gegangen ist: Die Angriffe auf die parlamentarische Demokratie auf dem Boden von Populismus, Globalisierungsangst, durch völkischen Nationalismus, rassistische Überlegenheitsvorstellungen, religiösen Fundamentalismus und autoritäre Gesellschaftsvorstellungen sind in Sachsen in besonderem Maße und über längere Zeit sichtbar und spürbar.
Innerhalb Deutschlands ist Sachsen so zu einem Brennpunkt der Auseinandersetzung geworden – sowohl für die Kräfte, die die Demokratie schwächen und abschaffen wollen als auch für neue Ideen zum Schutz und zur Stärkung demokratischer Institutionen und Werte.
Die Schaffung eins Demokratieministeriums bleibt dennoch ungewöhnlich: Ist Demokratie nicht die ureigene Aufgabe von Parlamenten? Liegt ihre Gestaltung nicht vor allem in den Händen der Bürger:innen? Das ist richtig. Allerdings würde keine Demokratie ohne eine demokratisch orientierte Verwaltung funktionieren. Und das betrifft alle Ministerien und Behörden eines Staates: Es gibt keine Demokratie ohne einen sichernden Sozialstaat, ohne die Freiheit der Forschung oder ohne die Pluralität der Kunst und Kultur.
Warum die Schaffung eines Demokratieministeriums ein Gewinn für viele ist
Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung versteht sich als Unterstützung des Landesparlamentes, in dem es gesetzliche Rahmen vorbereitet. Mit einem Demokratie-Grundsatzreferat kann es innerhalb der Verwaltung die demokratische Verfasstheit der Exekutive unterstützen und weiterentwickeln. Es versteht sich als Unterstützung für die sächsischen Kommunen, die demokratische Prinzipien wie Beteiligung und Transparenz der Verwaltung stärken wollen. Das Demokratieministerium sieht sich außerdem in der Verantwortung, die demokratiefördernde und stützende Zivilgesellschaft zu unterstützen. Etwa seit 2004 fördert der Freistaat gemeinsam mit Bundesprogrammen die Entwicklung einer breiten Landschaft von Trägern vor Ort. Seit dem Jahr 2020 will das Demokratieministerium Beiträge für neue Schritte leisten: Mit neuen wissenschaftlichen Einrichtungen wird die Wirksamkeit der Demokratiearbeit verbessert werden, Modellprojekte erproben neue Methoden politischer Bildung, um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Orte der Demokratie sind Modelle einer demokratischen Gemeinwesenarbeit vor Ort und geben Impulse für die Klein- und Mittelstädte und den ländlichen Raum. Nicht zuletzt verknüpft das Ministerium Fragen von Demokratie mit denen von Antidiskriminierungsarbeit, Gleichstellung, Bürger:innenbeteiligung, Europa, Rechtsstaatlichkeit und einem auf Resozialisierung ausgerichteten Strafvollzug. So machen wir die Arbeit der Verwaltung zum Teil der Demokratiebewegung Sachsens, von der neue Impulse für unsere Demokratie ausgehen.
Themen konkret
Die Aufgaben des Referates V.1 "Grundsatz Demokratie, Demokratieentwicklung und politische Bildung" ergeben sich aus dem aktuellen sächsischen Koalitionsvertrag. Konkret sind drei Bereiche beschrieben:
Wissen
Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu anti-demokratischen und anti-modernen Bestrebungen im Freistaat Sachsen zu generieren, zu systematisieren und bereitzustellen, ist Ziel des Else-Frenkel-Brunswik-Institutes (EFBI). Das im Oktober 2020 an der Universität Leipzig gegründete Institut wird durch den Freistaat gefördert. Voraussetzung und besonderes Anliegen des Institutes ist es, bereits bestehende themenbezogene Forschungsstrukturen kooperativ in die eigene Forschungstätigkeit einzubeziehen.
Didaktik
Neue Formate der politischen Bildung zu entwickeln und zu erproben und perspektivisch Bildungsakteur:innen in der Demokratiearbeit an die Hand zu geben, um ihre wertvolle Arbeit vor Ort zu unterstützen, ist Aufgabe der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie (JoDDiD). Im Jahr 2020 an der TU Dresden gegründet, wird auch diese Forschungsstelle durch den Freistaat gefördert.
Praxis
Demokratie lebt vom Mitmachen und von der Auseinandersetzung - lokal genauso wie global. Um demokratische Meinungsbildungsprozesse zu ermöglichen braucht es Räume, die für alle zivilgesellschaftlichen Gruppen zugänglich und nutzbar sind - nicht nur sinnbildlich, sondern real . Aus diesem Grund wird das Förderprogramm "Orte de Demokratie" aufgelegt. Als wesentlicher Baustein fließen hier die Erkenntnisse des EFBI und der JoDDiD ein. Das Förderprogramm wird die Demokratiearbeit vor Ort wirkungsvoll und nachhaltig unterstützen und damit die Engagierten in der Stadt und auf dem Land stärken.
Auch die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, die im Zuständigkeitsbereich des Referates verortet ist, wird hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten können.
Die Teammitglieder des Referates verstehen sich als Ansprechpartner:innen für und Bindeglied zu den oben beschriebenen Institutionen. Darüber hinaus arbeiten sie eng und vertrauensvoll mit anderen demokratiefördernden Institutionen im Freistaat Sachsen zusammen. Dass das Justizministerium nun den Zusatz DEG trägt, ist kein Zufall. Die Themen Demokratie, Europa und Gleichstellung sind eng miteinander verbunden und nicht ohne einander zu denken.
In einer freiheitlichen Demokratie gibt es viele Mitwirkungsmöglichkeiten für Bürger:innen. Zuallererst sind hier natürlich Wahlen zu nennen, bei denen die Bürger:innen in regelmäßigen Abständen ihre Vertreter:innen wählen - in die Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte, die Landesparlamente, den Bundestag oder das Europäische Parlament. Aber die Möglichkeiten für Bürger:innen sich zu beteiligen, erschöpfen sich nicht mit dem Gang ins Wahllokal. Vielmehr gibt es schon heute viele Wege, um sich einzumischen und mitzugestalten.
Das Wissen um die Möglichkeiten allein reicht jedoch nicht aus. Wie ist es um den Zugang zur realen Teilnahme bestellt? Um Bürger:innenbeteiligung insgesamt attraktiver, transparenter und anschlussfähiger zu gestalten, werden verstärkt Verfahren - insbesondere digitale - entwickelt und eingesetzt, die aktives Teilnehmen an Meinungsbildungsprozessen einfacher gestalten sollen. Die Bedingungen dafür zu schaffen, wird auch Aufgabe des Referates V.2 sein.
Männer und Frauen sind gleichberechtigt. So steht es im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Trotz der Tatsache, dass seit Beginn der Frauenbewegung bis heute viel erreicht wurde, ist die Gleichstellung von Mann und Frau noch nicht vollendet. Auch der Freistaat Sachsen ist deshalb verpflichtet, Bedingungen zu schaffen, die geeignet sind, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen der Gesellschaft herbeizuführen. Dieser Aufgabe stellt sich das Team des Referates V.3. Dabei sind die Themen so vielfältig wie die Gesellschaft selbst. Wir laden Sie ein, sich ausführlich zu informieren.
Menschen mit vielfältigen sexuellen Orientierungen und Identitäten gehören mittlerweile ganz selbstverständlich zur Lebensrealität in Sachsen. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ist ein hohes Gut unserer Demokratie. Und doch ist es so, dass Menschen mit nicht-heterosexuellen Lebensentwürfen immer wieder mit Berührungsängsten, Vorurteilen, Ausgrenzungen, Diskriminierungen bis hin zu Fällen von hassmotivierter Gewalt konfrontiert sind. Um Diskriminierungen aktiv entgegen zu wirken und die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Sachsen zu fördern, stellt die Staatsregierung mit dem Landesaktionsplan "Vielfalt" die Weichen. Der Landesaktionsplan konzentriert sich dabei auf die Themen, die die Staatsregierung in eigener Zuständigkeit umsetzen kann. Mit dieser Aufgabe betraut ist das Referat V.4, das außerdem auch für das Thema "Häusliche Gewalt" verantwortlich sind. Besuchen Sie das Themenportal Vielfalt und erfahren Sie mehr darüber, in welchen Lebensbereichen, mit welchen Maßnahmen und mit welchen Kooperationspartner:innen das Ziel erreicht werden soll, ein Klima der gesellschaftlichen Akzeptanz verschiedener sexueller Orientierungen und Identäten zu schaffen.
Die Europäische Union (EU) ist eine Gemeinschaft gleichgesinnter Staaten, die auf Grundwerten wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beruht. Politische Maßnahmen der EU zielen maßgeblich darauf ab, diese Grundwerte nach innen und nach außen zu fördern.
Dieses Anliegen folgt der Einsicht, dass im Vergleich zu autoritären Systemen sich gut funktionierende Demokratien auch als bestes Mittel zur Förderung der Menschenrechte sowie eines menschenwürdigen Lebensstandards erwiesen haben. An vielen Orten geraten Demokratie und Rechtsstaatlichkeit jedoch wieder in Bedrängnis – auch in Europa. Umso wichtiger ist es, weitere Anstrengungen zu unternehmen. Auch der Freistaat Sachsen leistet dazu seinen Beitrag. Nicht zuletzt ergibt sich diese Mitgestaltung auf europäischer Ebene auch aus der Verpflichtung, die Interessen der sächsischen Bürger:innen zu vertreten. Denn diese sind von vielen Maßnahmen der EU direkt oder indirekt betroffen. Erfahren Sie mehr über die Arbeit der EU im Bereich der Förderung von Frieden und Demokratie, aber auch darüber, wie Sachsen sich auf europäischer Ebene einsetzt und nicht zuletzt, welche Möglichkeiten der Mitgestaltung Sie selbst haben.
Rechtsstaatlichkeit ist eines der wesentlichen Merkmale und Voraussetzungen von Demokratie. Regierung und Verwaltung dürfen nur im Rahmen der bestehenden Gesetze handeln. Die Grundrechte der Bürger:innen sind garantiert, staatliche Entscheidungen müssen von unabhängigen Gerichten überprüft werden können. Zu aller erst bedeutet dies: Alles, was staatliche Behörden in Deutschland tun, ist an Recht und Gesetz gebunden. Staatliche Willkür ist ausgeschlossen [Art. 20 (3) GG]. Wesentliche Kennzeichen des Rechtsstaates sind die Gewaltenteilung, insbesondere die Unabhängigkeit der Gerichte, und die Gleichheit vor dem Gesetz.
Ein Rechtsstaat garantiert ferner die Rechtssicherheit. Der/die Einzelne muss sich auf die bestehenden Gesetze verlassen können, es muss vorhersehbar sein, welche rechtlichen Folgen Handeln hat. Wer im Gefängnis sitzt, darf weder körperlich noch seelisch misshandelt werden [Art. 104 GG]. Kommt es zur Gerichtsverhandlung, so hat der/die Angeklagte Anspruch auf ein faires Verfahren und muss sich angemessen verteidigen können. Sondergerichte sind unzulässig [Art. 101, 103 GG].
Zur sächsischen Justiz gehören die Gerichte der Ordentlichen Gerichtsbarkeit (Amts- und Landgerichte sowie das Oberlandesgericht), die Verwaltungsgerichte, die Arbeitsgerichte, die Sozialgerichte, das Finanzgericht sowie die Staatsanwaltschaften und die Justizvollzugsanstalten. Sie alle gewährleisten gemeinsam – unterstützt vom Demokratieministerium – die Rechtsstaatlichkeit in Sachsen.